Wohnungsvergabe-Workshop 2024
Die neuen Mitglieder haben ihre Wohnungen reserviert
Die bestehenden Vis-à-Wiener*innen haben ihre Wohnungen schon in einem ersten Wohnungsvergabe-Workshop ausgesucht; im Dezember 2023 wurden 19 neue Mitglieder in die Baugruppe aufgenommen. Diese 13 neuen Haushalte durften im März 2024 aus den verbleibenden 24 freien Wohnungen im Haus wählen, mit dem Ziel, möglichst konfliktfrei und konsensorientiert allen eine Einheit zuzuteilen, mit der sie sich wohl fühlen.. Was klingt wie ein Ding der Unmöglichkeit, haben die Baugruppen-erfahrenen Architekt*innen von einszueins so zufriedenstellend gelöst, dass am Ende alle in einen ihrer fünf Favoriten einziehen dürfen. Das Zauberwort für dieses Kunststück lautet „systemisches Konsensieren“.
Wochenlange Vorbereitung des Vergabeprozesses
Die Weichen wurden bereits im Vorfeld gestellt: Die gute Vorbereitung und Planung waren dafür essenziell. Dabei haben Vis-à-Wien sowie die Architekt*innen von einszueins eng zusammengearbeitet:
- Die Neigungsgruppe Finanzen und Recht hat die voraussichtlichen Mietpreise der Wohnungen neu kalkuliert – eine wichtige Entscheidungsgrundlage für die Wohnungsvorauswahl.
- Im Vorfeld hatte es viele Änderungen gegeben, durch den Bauträger Schwarzatal, außerdem durch Vereinsaustritte, kurzfristige Änderungen und Neubelegungen. Deshalb glich die Neigungsgruppe Architektur zuerst ab, welche Wohneinheiten der Baugruppe zugeteilt sind, und welche von diesen bereits reserviert – so wurden die freien Einheiten identifiziert.
- Von einszueins wurde ein Katalog mit vereinfachten Plänen der freien Wohneinheiten vorbereitet. So konnten sich die neuen Mitglieder einen guten Überblick über die Wohnungen verschaffen und in das jeweilige Wohnerlebnis „hineinfühlen“. Außerdem stellte einszueins einen Fragekatalog zu Wohn-Präferenzen zur Verfügung, um die Orientierung und Auswahl zu erleichtern.
Mit diesen Infos ausgerüstet, kennzeichnete jeder Haushalt auf einem Auswahlblatt seine vier favorisierten Wohneinheiten. In einem Zoom-Meeting gab es dann die Möglichkeit, vorab die Verteilung der Priorisierungen einzusehen und Fragen an die Architekt*innen zu stellen.
Wohnungsauswahl. Fragen wurden vorab online geklärt. Grafik: einszueins, Screenshot: Vis-à-Wien
Beim Online-Meeting stellte sich schnell heraus, dass einige der Wohnungen besonders beliebt waren, sich also viele erstgereihte Präferenzen auf wenige Einheiten konzentrierten. Insbesondere bei den D- und E-Wohnungen – also Wohnungen mit vier beziehungsweise fünf Zimmern – kamen bis zu sechs Interessent*innen auf eine Einheit. „Bitte prüft eure Wahl nochmal und überlegt, ob eine der weniger priorisierten Wohnungen auch in Frage kommt“, war daher zusammengefasst die Bitte von einszueins.
Durch die Änderungen verschärfte sich das Problem aber leider noch zusätzlich: Die beliebten Wohnungen waren noch beliebter geworden. Also musste jeder Haushalt kurzfristig noch eine fünfte Priorisierung hinzufügen. Diese kurzfristige Entscheidung von einszueins sorgte für Verunsicherung bei den neuen Vis-à-Wiener*innen, weil sich nicht alle vorstellen konnten, mit ihrer fünften Priorität glücklich zu werden.
Workshop in der Gemeinschaftsküche des Wohnprojekt Wiens. Foto: Vis-à-Wien
Der große Moment
Am 15. März war es dann endlich so weit. Viele waren aufgeregt, einige kamen sogar mit einem mulmigen Gefühl im Bauch: Werde ich mich in der zugeteilten Wohnung wohlfühlen? Wie soll dieser „systemische Konsens“ funktionieren, und wie soll das ohne Konflikte ablaufen?
Nach einer Ankommensrunde und einer kurzen Vorstellung des Hauses erklärte das Architekturbüro einszueins nochmal den Ablauf:
- einszueins hatte auf Basis der abgegebenen Priorisierungen fünf Belegungs-Varianten erstellt.
- An jede Person wurden die fünf Belegungs-Varianten und ein Stimmzettel verteilt. Alle sollten jede Belegungsvariante mit bis zu zehn sogenannten „Widerstandspunkten“ bewerten. Null Punkte bedeutet „diese Belegung finde ich super“, zehn Widerstandspunkte zeigen an „mit dieser Variante komme ich gar nicht klar“. einszueins bat dabei darum, sich in die jeweils zugeteilte Einheit hineinzufühlen und die Bewertung nicht strategisch, sondern nach dem tatsächlichen Widerstand-Empfinden vorzunehmen.
- einszueins addiert die Widerstandspunkte aller Varianten, um dann die Variante mit den wenigsten Widerstand Punkten zur Diskussion zu stellen und die Meinung von Allen einzuholen.
Die größte Anspannung löste sich bei den meisten gleich nach dem Austeilen der Belegungsvarianten. Die Pläne wurden eingehend studiert, das eigene Empfinden reflektiert und die Stimmzettel gewissenhaft ausgefüllt.
Jede*r wertete gründlich seinen persönlichen inneren Widerstand gegen die möglichen Wohnungs-Konstellationen. Fotos: Vis-à-Wien
Nach einer kurzen Pause kam der große Moment: Variante D hatte sich als eindeutiger Favorit herauskristallisiert, gegen die eindeutig am wenigsten Widerstand herrschte und die auch keine großen Ausreißer in der Bewertung enthielt. Der höchste Widerstand waren hier fünf Punkte. Eine Reflexion zur Variante ergab deutliche Zustimmung, so dass von allen festgehalten werden konnte: „Wir stehen zum Konsens.“ Auch wenn nicht alle ihre Wunschwohnung erhalten hatten, konnten doch alle mit dem Ergebnis gut leben und konzentrierten sich auf die Vorteile der nun endlich gewissen Wohneinheit.
Viele meinten „das war viel einfacher als gedacht“, und bei den meisten begann schon die Vorfreude: „Jetzt wissen wir, mit welchen Nachbarn wir Tür an Tür leben werden!“ In dieser gelösten Stimmung ging es weiter zum Feiern in die Kohlenrutsche, wo der Workshop-Tag bei Pizza und angeregten Gesprächen gemütlich ausklang.
Voller Erfolg: Alle neuen Mitglieder haben eine Wohneinheit erhalten. Foto: Vis-à-Wien
Pizza-Party: Wir feiern den erfolgreichen Vergabe-Workshop. Foto: Vis-à-Wien