Forschungs-Blog

Unser Weg zu einem klimaneutralen Gebäude

Besuch, noch bevor das Haus steht

Exkursion & Diskurs mit niederländischen Expert*innen

Vis-à-Wien organisierte und betreute im Zuge einer Forschungsreise der niederländischen Gruppe De Beuk eine Exkursion Anfang September 2022. De Beuk versteht sich als Netzwerk unabhängiger Expert*innen, die sich in Niederlanden mit Urbanität, Partizipation, Gemeinschaften und sozialem Engagement auseinandersetzen. Ihre Arbeit beinhaltet Ausbildung und Beratung und stützt sich auf aktive Beteiligung, Diversität und Inklusion.

Beidseitiges Ziel der Exkursion war es, lokale Praktiken, Best-Practice-Beispiele und Methoden der hiesigen Baukultur, im partizipativem/nachhaltigen Wohnbau, in Gemeinschaftsbildung und Urbanität aufzuzeigen und durch diese Wissensvermittlung und einen Dialog zu vermehren, sowie einen grenzüberschreitenden Austausch anzustoßen.

De Beuk und Katharina Bayer auf Wohnprojekt

Die Studienreisenden auf dem Dach des Wohnprojekts mit Architektin Katharina Bayer. Foto: Bernard Jan de Groot, De Beuk

Die Exkursion bestand aus drei Teilen, die jeweils eine gute Stunde dauerten und im (englischen) Dialog mit lokalen Expert*innen stattfanden: 

Teil 1: geförderte Wohnbauqualität

Katharina Bayer, Architektin und Mitgründerin von einszueins Architektur, führte uns durchs Wohnprojekt Wien, ein von einer Baugruppe und einszueins geplanten und belebten Gebäude. Außerdem sprach sie über Wohnbau und Architektur, den Einfluss von Wohnbauförderung auf Gesellschaft und Baukultur, stellte das Baugruppenkonzept vor, das in den Niederlanden nicht so verbreitet ist, und ging speziell auf die partizipativen Teile der Planungsprozesse ein. 

Die Gruppe erlangte außerdem Einblick ins Alltagsleben in einem Baugruppengebäude und zeigte sich beeindruckt von der architektonischen und räumlichen Qualität, dem gelungenen sozialen Umfeld und dem Angebot, das im Gebäude vorhanden ist: die Gemeinschaftsküche, der Dachgarten, die Sauna, etc. Auch die anderen geförderten Wohnbauten im Quartier beeindruckten mit ihrer Qualität, vor allem im direkten Vergleich zu frei finanzierten Gebäuden.

Einszueins hat jahrelange Erfahrung mit Baugruppenprojekten und plant auch das Wohnhaus von Vis-à-Wien. Nicht nur deshalb hat für Vis-à-Wien das Wohnprojekt Wien eine gewisse Vorbildwirkung. Außerdem sind sie Konsortialpartner und -leitung in diesem Forschungsprojekt. 

Teil 2: Verankerung sozialer Nachhaltigkeit

Micha Schober von realitylab empfing uns in ihren Büroräumlichkeiten unweit des Wohnprojekts und sprach über realitylabs Arbeit und Tätigkeitsbereiche, die jenen der De Beuk-Gruppe ähneln. Themen waren dabei Partizipationsprozesse im Großen wie im Kleinen und die verschiedenartigen Steuerungsmethoden, die dabei benötigt werden, Social Design, Engergiegemeinschaften, (Selbst-)Organisationsmodelle wie die Soziokratie, und gemeinschaftsbildende Maßnahmen im Allgemeinen. Für großes Interesse sorgte das Vier-Säulen-Modell, das bei gefördertem Wohnbau bzw. Bauträgerwettbewerben gilt und u.a. die soziale Nachhaltigkeit in der Wohnbaupolitik der Stadt verankert. 

Realitylab betreut Vis-à-Wien schon fast seit seiner Gründung und hat Erfahrung mit zahllosen anderen Baugruppen, Gemeinschaften und Projekten in den Bereichen Quartiers- und Stadtentwicklung und sozialer Nachhaltigkeit.

Teil 3: Die Rolle und das Erbe der Stadt

Madeleine Salinger, Mitarbeiterin der Abteilung für Europa und Internationales der Stadt Wien, traf uns im Café zurück im Wohnprojekt, dem Salon am Park  und sprach über die Perspektive, die Strategien und die Policies der Stadt auf Wohn- und Städtebau, Gesellschafts- und Quartiersentwicklung. Dabei wurde über Einflüsse und  das Vermächtnis des Roten Wiens diskutiert, über die Privatisierung des Gemeindebaus, Genossenschaften und gemeinnützige Bauträger und die Einrichtungen und Organisationen des städtischen (sozialen) Wohnbaus. Außerdem sprachen wir über Leistbarkeit und die gesellschaftsformende Rolle des Wohnbaus im Allgemeinen. Besonderen Anklang fanden dabei die durchaus kreativen und bisweilen radikalen Strategien und Maßnahmen der Stadt zur Förderung sozialer Gerechtigkeit und Durchmischung. 

Madeleine ist selbst Mitglied der Baugruppe Vis-à-Wien und hat im Zuge ihrer Arbeit bei der Stadt Erfahrung in der Betreuung und Organisation von Delegationsbesuchen. Diese bestehen meist aus Menschen aus der Stadtpolitik und -verwaltung der vielen Wiener Partnerstädte und interessieren sich besonders für den Wiener Wohnbau, nachdem das sogenannte “Wiener Modell” ein internationales Vorbild darstellt.

Resümee

Die Exkursion war gelungen und sorgte für gegenseitige Bereicherung. Sie hat uns geholfen uns wieder bewusst zu werden, was Projekte wie unseres einer Stadt wie Wien bieten (und umgekehrt); und was für Strukturen und Voraussetzungen notwendig sind, damit sie auch gelingen. 

Wir erweiterten unsere Netzwerke und werden in Kontakt bleiben. De Beuk plant inzwischen schon eine weitere Studienreise nach Wien, diesmal mit dem Fokus auf Energie und Ressourcen. Außerdem wurden von ihnen mittlerweile zwei Blogbeiträge veröffentlicht, die von ihrem Wien-Besuch inspiriert worden waren: